Sprach- und Kultur­wissenschaften im Ausland studieren

Gibt es so etwas wie eine einheitliche europäische Kultur? Worauf gilt es bei einem Geschäftstermin in China zu achten? Welche Figuren der Weltgeschichte standen Pate für die Protagonisten von Shakespeares Dramen? Und wie unterscheiden sich britisches und amerikanisches Englisch? Mit solchen und ähnlichen Fragen beschäftigen sich Sprach- und Kulturwissenschaftler.

Wie der Name vermuten lässt, umfassen die Sprach- und Kulturwissenschaften sämtliche Fächer, die sich mit den Sprachen und Kulturen auf diesem Planeten befassen - und zwar im weitesten Sinne. In der Vergangenheit wurden diese Fächer oft als Geisteswissenschaften bezeichnet. Seit den 1980er Jahren hat sich in Deutschland der Begriff der Sprach- und Kulturwissenschaften durchgesetzt.

Sprach- und kulturwissenschaftliche Disziplinen im Überblick

Ob Ethnologie, Kunstgeschichte oder Philologie: Ein Studium der Sprach- und Kulturwissenschaften im Ausland eröffnet ganz neue Perspektiven.

Einen einheitlichen Fächerkanon der Sprach- und Kulturwissenschaften gibt es nicht. Allerdings existieren einige "klassische" kulturwissenschaftliche Fächer, die zum Studienangebot vieler deutscher Universitäten gehören.

Die Klassiker

Zu den Kernfächern der Kulturwissenschaften gehören die

Diesen Fächern ist gemein, dass sie zu Beginn des Studiums einen breiten Ansatz verfolgen. Im Laufe des Studiums haben Studierende dann die Möglichkeit, sich zu spezialisieren.

Ethnologie - die „Wissenschaft vom kulturell Fremden“

In der Ethnologie lernen Studierende zunächst die wissenschaftlichen Methoden sowie die Geschichte des Fachs kennen. Danach wählen sie eine Region aus, mit deren Kultur sie sich im Laufe des Studiums näher beschäftigen, zum Beispiel Ostafrika oder Südostasien.

Die historischen Disziplinen Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte

In den Fächern Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte haben Studierende die Möglichkeit, sich auf eine bestimmte Epoche zu spezialisieren:

  • Geschichtsstudenten setzen sich nach einer allgemeinen Einführung zum Beispiel mit der Geschichte der Antike, des Mittelalters oder der Neuzeit auseinander.
  • Auch in der Archäologie gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich zu spezialisieren. Archäologen befassen sich wahlweise mit der Urgeschichte der Menschheit, der griechischen und römischen Antike oder der Industriekultur.
  • Kunsthistoriker erhalten in den ersten Semestern einen Überblick über alle Kunstepochen und die Methoden des Fachs. Anschließend legen sie ihren Fokus in der Regel auf einen bestimmten Künstler oder eine Kunstrichtung.

Philosophie - die Liebe zur Weisheit

Auch Studenten der Philosophie erhalten zunächst eine Einführung in das Fach. Sie eignen sich beispielsweise Wissen im Bereich des philosophischen Arbeitens und der theoretischen Philosophie an. In späteren Semestern ist es möglich, sich auf eine Teildisziplin wie die Erkenntnistheorie oder Wirtschaftsphilosophie zu spezialisieren.

Sprache, Literatur und Kultur studieren: Die Philologien

Zu den weiteren klassischen sprach- und kulturwissenschaftlichen Fächern zählt die Philologie. Der Begriff bezeichnet die Sprach- und Literaturwissenschaft einer bestimmten Sprache. Die Philologie lässt sich in zwei Teilbereiche unterscheiden:

Klassische Philologie

Hinter dem Begriff der Klassischen Philologie verbirgt sich ein Studium der "klassischen" Sprachen Latein (Latinistik) und Griechisch (Gräzistik). Philologen befassen sich zudem mit der Kultur der alten Römer und Griechen, da diese die Grundlage für unsere heutige Sprache und Kultur bilden.

Neuere Philologie

Die Neuere Philologie beschäftigt sich mit allen Sprachen und Kulturen, die heute noch existieren. Zum Fächerkanon der Neueren Philologie gehören

  • die Germanistik, Anglistik und Amerikanistik: Studierende werden zu Experten der deutschen oder englischen Sprache und den dazugehörigen Kulturen und Literaturen ausgebildet
  • die Sinologie und Japanologie: Die beiden Studiengänge sind aufgrund des anhaltenden Asien-Booms sehr beliebt. Im Zentrum des Studiums stehen die Sprachen, Literaturen und Kulturen Chinas beziehungsweise Japans.
  • die Romanistik und Slawistik: Sie gehören zu den "kleineren Philologien". Die Romanistik erforscht die romanischen Sprachen und Kulturen, beispielsweise Spanisch, Französisch oder Italienisch. Die Slawistik widmet sich den slawischen Sprachen, wozu Russisch, Ukrainisch und Polnisch zählen.

In der Regel bauen philologische Studiengänge auf den vier Säulen

auf. Wer sich für einen der Teilbereiche interessiert, hat die Möglichkeit Sprach- oder Literaturwissenschaft als eigenständiges Studienfach zu wählen.

Sprachwissenschaftler betrachten die Sprache als eine Art von System. Sie untersuchen beispielsweise die historische Entwicklung der deutschen Sprache und vergleichen sie mit anderen Sprachen. Studiengänge aus dem Bereich Literaturwissenschaft nehmen die deutsche Literatur in den Blick. In der Vergleichenden Literaturwissenschaft wird diese in Beziehung zu anderen Medien gesetzt und mit den Literaturen anderer Länder verglichen.

Zum Regionalexperten mit regionalwissenschaftlichem Studium

Auch in den Regionalwissenschaften geht es um die Sprachen und Kulturen einzelner Länder. Im Vergleich zu den philologischen Studiengängen spielen hier geographische, wirtschaftliche, sozial- und politikwissenschaftliche Aspekte eine größere Rolle. Die Schwerpunkte variieren von Hochschule zu Hochschule. Es gibt regionalwissenschaftliche Studiengänge zu fast allen Regionen auf der Erde. Sie beschäftigen sich beispielsweise mit Lateinamerika, Nordamerika, Afrika, Asien, dem Nahen und Mittleren Osten.

In den meisten Fällen ist es im Laufe des Studiums möglich, sich auf einzelne Länder oder Regionen zu spezialisieren, etwa Südostasien.

Wege in die Medien - Von Medienwissenschaft bis Journalismus

Viele Studierende sprach- und kulturwissenschaftlicher Studiengänge möchten später "irgendwas mit Medien" machen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um diesem Ziel näherzukommen:

Philologische oder regionalwissenschaftliche Studiengänge

Studierende können sich im Anschluss an das Studium über ein Volontariat in einem Verlag oder bei einer Zeitung weiterqualifizieren.

Studiengänge, die sich gezielt dem Thema Medien widmen

  • Wissenschaftlich / theoretisch ausgerichtete Studiengänge: Die Medien- und Kommunikationswissenschaften zählen tendenziell eher zu den theoretischen Studiengängen. In ihnen erfahren Studierende, wie Kommunikation über Massenmedien funktioniert und wie sich die Mediennutzung auf unsere Gesellschaft auswirkt. Auch der Aufbau der Medienlandschaft und ihre unterschiedlichen Formate sind ein Thema.

Eine Alternative ist der Studiengang Theaterwissenschaft. Dort untersuchen Studierende das Theater aus einer theoretischen Perspektive.

Noch mehr Praxis: das Studium zum Dolmetscher oder Bibliothekar

Weitere praktisch ausgerichtete Studienfächer aus dem Bereich der Sprach- und Kulturwissenschaften sind Übersetzen und Dolmetschen und Bibliotheks- und Informationswissenschaft.

Im Gegensatz zu den Philologien geht es in diesen Studiengängen darum, Reden, Gespräche oder geschriebene Texte inhaltsgetreu in andere Sprachen zu übersetzen.

Kulturwissenschaft oder Kulturwissenschaften?

Neben den genannten Programmen bieten viele Universitäten Studienprogramme an, die sich „Kulturwissenschaften“ oder „Kulturwissenschaft“ nennen.

  • Kulturwissenschaften: Das Studienfach ist als ein Verbund einzelner Disziplinen aus dem Bereich der Geisteswissenschaften zu verstehen.
  • Kulturwissenschaft: Der Begriff im Singular bezeichnet ein Einzelfach, das sich über wissenschaftliche Problemfelder, gemeinsame Forschungsmethoden und Fragen zum Thema Kultur definiert.

Diese Studienprogramme können Aspekte aus allen sprach- und kulturwissenschaftlichen Studiengängen enthalten. Je nach Hochschule tauchen literatur- oder regionalwissenschaftliche Aspekte, medientheoretische Inhalte oder Themen mit Berufsbezug auf dem Lehrplan auf. Studierende sollten sich für das Studienprogramm entscheiden, das am besten zu den eigenen Stärken und beruflichen Interessen passt.


Voraussetzungen für ein sprach- und kulturwissenschaftliches Studium

Ihr denkt über ein Studium der Sprach- und Kulturwissenschaften nach? Dann solltet ihr Interesse an Fächern wie Literatur, Sozialwissenschaften, Geographie, Kunst oder Geschichte haben. In den philologischen und regionalwissenschaftlichen Studiengängen spielt darüber hinaus das Interesse an Fremdsprachen eine große Rolle. Gute Englischkenntnisse sind in den meisten Studiengängen Voraussetzung. In Studiengängen aus dem Bereich Slawistik, Afrikanistik, Japanologie oder Sinologie ist es erforderlich, sich Kenntnisse der jeweiligen Landessprache anzueignen.

Beliebte Studienfächer wie Anglistik, Germanistik, Medien- oder Kommunikationswissenschaften sind an vielen Hochschulen zulassungsbeschränkt. Je nach Studienfach und Hochschule kann der NC im Einserbereich liegen. Bewerber mit einem durchschnittlichen Abitur sollten sich auf Wartezeiten einstellen.


Kultur- und Sprachwissenschaftler auf dem Arbeitsmarkt

Viele sprach- und kulturwissenschaftliche Studiengänge bilden nicht für ein bestimmtes Berufsfeld aus. Das ist ein altbekanntes „Problem“, das jedoch auch zunehmend als Chance begriffen wird, da den Studierenden ein breites Berufsspektrum offensteht. In jedem Fall ist es empfehlenswert, während des Studiums Praktika zu absolvieren, um sich beruflich zu orientieren und praktische Zusatzqualifikationen zu sammeln. Auch die Wahl eines Nebenfachs mit Berufsbezug kann dem Studium ein klareres Profil geben und den Berufseinstieg erleichtern.

Berufsfelder und Arbeitsbereiche

Je nachdem, welche Fächer ihr belegt habt, kommen nach dem Studienabschluss unterschiedliche Tätigkeitsfelder für euch infrage. Viele Absolventen streben einen Beruf im Kulturwesen an. Beliebte Arbeitgeber sind

  • Museen, Bibliotheken, Kulturämter und andere Institutionen des Kulturbetriebs
  • Verlagshäuser
  • Rundfunksender, Fernsehanstalten oder Zeitungen
  • PR- und Werbeagenturen
  • Behörden (zum Beispiel Pressestellen).

Viele philologische Studiengänge und Fächer wie Geschichte oder Philosophie können auf Lehramt studiert werden. Ein Großteil der Absolventen dieser Studienfächer geht nach dem Masterabschluss beziehungsweise Staatsexamen in das Referendariat und den Schulbetrieb.

Als Sprach- und Kulturwissenschaftler im Ausland arbeiten

Viele Sprach- und Kulturwissenschaftler möchten nach dem Studium in einem anderen Land arbeiten. Arbeitsplätze im Ausland bieten beispielsweise

  • Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit, internationale Organisationen, Stiftungen und NGOs.
  • Wirtschaftsunternehmen, zum Beispiel im Bereich Marketing oder PR.
  • Universitäten oder außeruniversitäre Forschungsinstitute. Dort haben Absolventen mit Masterabschluss die Möglichkeit, zu promovieren und eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen.

Für Philologen und Regionalwissenschaftler ist ein Studienaufenthalt im Ausland oftmals verpflichtend. Sie verbringen in der Regel ein bis zwei Semester in dem Land oder Kulturkreis, mit dem sie sich im Studium beschäftigen. Dabei haben sie Gelegenheit dazu, ihre Sprachkenntnisse zu festigen und einen umfassenden Einblick in die jeweilige Landeskultur zu erlangen. Auch für andere Sprach-und Kulturwissenschaftler ist ein Auslandsstudium empfehlenswert.Sie können ihre Fremdsprachenkenntnisse im Ausland verbessern und sich für interkulturelles Handeln sensibilisieren. Dies erleichtert in vielen Fällen den Einstieg ins Arbeitsleben.