Semesterstipendiatin Raissa Schaller im Interview
Semesterstipendiatin Raissa Schaller studiert seit einigen Wochen an der Universidad de Viña del Mar in Chile.
Im Interview erzählt sie uns von ihrem Studentenleben in Chile, lässt die bisherigen Highlights ihres Aufenthalts Revue passieren und freut sich auf kommende Abenteuer.
College Contact:
Raissa, du bist ja jetzt schon seit Anfang März in Chile an der Universidad de Viña del Mar. Wie hast du denn den Start deines Auslandssemesters an der Uni erlebt?
Raissa:
Die erste Woche hier an der Uni war die Orientierungswoche. Das heißt, wir hatten noch keinen Unterricht. Wir hatten sehr viele Infoveranstaltungen und haben zum Beispiel auch eine Schnitzeljagd und einen Städtetrip in die benachbarte Stadt gemacht. Wir haben auch etwas Volunteering gemacht. Wir sind in einen von den ärmeren Bereichen hier gefahren und haben dort geholfen, einen Zaun aufzubauen und eine Wand zu bemalen.
Das war auf jeden Fall eine sehr ereignisreiche Zeit. Es war gut, dass der Unterricht nicht gleich begonnen hat, sondern man erst einmal Zeit hatte, sich einzugewöhnen und die Menschen kennenzulernen. Auch wenn es sehr durchgeplant war. Wirklich viel Zeit für sich selbst hatte man nicht, sondern man ist wirklich den ganzen Tag mit der Uni unterwegs gewesen. Das war natürlich super, weil man kein Heimweh bekommen hat.
College Contact:
Dann lernt man wahrscheinlich auch wirklich schnell viele neue Leute kennen, oder? Es suchen doch bestimmt alle Kontakt und wollen neue Freunde finden. Wie hast du das erlebt?
Raissa:
Ja, das war auf jeden Fall überhaupt kein Problem, man hat sich direkt gefunden. Leider ist es so, was aber natürlich auch irgendwie Sinn macht, dass so ein bisschen eine Trennung besteht zwischen den spanischsprachigen und den englischsprachigen Austauschstudenten. Die Spanisch sprechenden Austauschstudenten bleiben eher unter sich. Und wir, der ganze Rest, also Franzosen, Kanadier, Deutsche oder Amerikaner bilden eine zweite Gruppe, die sich vorwiegend auf Englisch unterhält. Aber Freunde zu finden ist überhaupt kein Problem. Das ging sehr schnell.
"Es ist beeindruckend, dass man es trotz dieser Sprachbarriere immer irgendwie schafft, sich zu verständigen."
College Contact:
Du hast ja gerade schon das Englischsprachige und Spanischsprachige angesprochen: Wie ist das denn bei dir mit der Sprache in den Kursen? Hast du für dein Auslandssemester spanischsprachige oder englischsprachige Kurse gewählt?
Raissa:
Das hält sich bei mir eigentlich ziemlich genau die Waage: Ich habe Sprachkurse, in denen ich Spanisch lerne, und die werden auch auf Spanisch unterrichtet. Und dann habe ich noch andere Kurse, wie zum Beispiel International Film Business oder Astronomy and Astrophysics. In diesen Kursen ist die Unterrichtssprache Englisch.
Die Kurse, in denen ich Spanisch lerne, sind wie gesagt auf Spanisch und das ist auch eigentlich überhaupt kein Problem. Die Lehrer sprechen so langsam und verständlich, dass man eigentlich alles versteht. Immer nach dem Spanischunterricht denke ich: „Boah, voll cool, mein Spanisch ist ja schon ganz toll, ich habe alles verstanden, was gesagt wurde.“ Aber wenn ich dann mal versuche, mich mit Chilenen zu unterhalten, ist es doch schwieriger, da sie doch schneller reden und ihre ganzen Abkürzungen benutzen, ihre Chilenismen und so etwas.
Ich finde es aber toll, dass die Chilenen immer versuchen, mit einem zu reden, auch wenn sie merken, dass die Person nicht so gut Spanisch spricht. Aber es wird probiert. Es ist beeindruckend, dass man es trotz dieser Sprachbarriere immer irgendwie schafft, sich zu verständigen. Das ist echt toll. Das ist so eine Art Verständigung über die Sprache hinaus, einfach so ein bisschen Körpersprache und Mimik und man versteht eigentlich immer, was die andere Person sagen will.
College Contact:
Gibt es denn schon etwas, das dir an der Uni besonders gut gefällt?
Raissa:
Was ich echt toll finde, ist der International Club. Da wir ja wie gesagt nicht besonders viel Kontakt zu den Spanisch sprechenden Menschen und auch zu den Chilenen haben, weil die eigentlich an einem ganz anderen Campus sind als wir, gibt es diesen Club. Da treffen wir uns einmal die Woche. Nächste Woche bekommen wir auch einen chilenischen „Buddy“, mit dem wir Spanisch sprechen können, und der uns ein bisschen hier herumführt. In diesen Treffen einmal die Woche wird man halt ein bisschen durcheinander gemischt, und auch mal „gezwungen“ sozusagen, Spanisch oder Englisch zu sprechen und auch mal die Sprache zu wechseln. Wir machen dort ganz viele verschiedene Sachen. Am Wochendende waren wir zum Beispiel alle zusammen wandern. Alle zwei Wochen haben wir einen Tag, der einer bestimmten Nationalität gewidmet ist. Bald haben wir den „German Day“. Da sollen wir den anderen dann etwas über Deutschland und unsere Kultur erzählen. Das ist echt cool, das ist ein toller Austausch zwischen Chilenen und Austauschstudenten.
College Contact:
Sind dir in deinen Kursen bisher schon Unterschiede zum Studium in Deutschland aufgefallen?
Raissa:
Auf jeden Fall. Der größte Unterschied ist die Klassengröße. Meine kleinste Klasse hier besteht aus zwei Menschen und die größte aus sechs. Gerade im Spanischunterricht ist das super. Der Lehrer kann viel mehr auf einen eingehen und man hat viel mehr Möglichkeiten, selbst zu reden. Wenn jetzt die Klasse viel größer wäre, dann würde sich die Gesprächszeit natürlich aufteilen auf jeden Studenten. Das ist eigentlich echt toll, dass die Klassen hier so klein sind.
Was auch interessant ist: In Deutschland ist es ja im Prinzip so, dass man am Ende des Semesters einen großen Test hat und das war’s dann, das ist dann die Note für das ganze Semester. Hier ist es so, dass wir das ganze Semester über schon kleine Tests haben oder Texte verfassen und abgeben müssen, die benotet werden. Wir haben auch sehr viele Hausaufgaben auf. Ich komme mir ein bisschen mehr vor, als ob ich wieder an der Schule bin und nicht an der Uni, ehrlich gesagt. Das erinnert mich ein bisschen an meine Schulzeit mit den ganzen Hausaufgaben.
College Contact:
Dann gehen wir jetzt mal ein wenig weg von der Uni und kommen zum einem anderen Thema, das sicherlich auch viele angehende UVM-Studenten interessiert: Wie wohnst du in Viña del Mar?
Raissa:
Als ich hier runtergeflogen bin, hatte ich noch keine Wohnung. Die erste Woche war ich dann bei einem Couchsurfer. Der war super nett und wir haben versucht, Spanisch miteinander zu sprechen, so gut es irgendwie ging. Von da aus habe ich mir eine Wohnung gesucht. Das war nicht so einfach, weil es hier auch viele Wohnungen gibt, die sehr teuer sind. Das hat mich sehr erstaunt. Ich wollte in Chile ja auch nicht mehr für meine Wohnung ausgeben, als ich in Deutschland bezahlt habe. Ich habe dann aber doch etwas gefunden. Ich wohne in einer WG mit zwei Amerikanerinnen. Die sind beide schon etwas älter als ich, 30 und 35 Jahre alt, und unterrichten hier beide Englisch. Die beiden leben schon seit Jahren in Chile. Beide sind sehr nett. Wir haben auch noch einen Hund, der hier mit uns wohnt. Die Wohnung gefällt mir echt gut. Der einzige Nachteil ist, dass es natürlich besser gewesen wäre, wenn ich eine Wohnung mit Chilenen zusammen gefunden hätte, sodass ich mehr Spanisch sprechen würde. Aber manchmal bin ich auch ganz froh, wenn ich nach einem langen Tag nach Hause kommen kann und nicht noch Spanisch sprechen muss, weil das ja schon auch anstrengend ist. Man muss zum Beispiel immer überlegen „Wie sage ich das jetzt überhaupt?“. Es ist schon angenehmer, zuhause einfach Englisch sprechen zu können, weil mir das viel leichter fällt als Spanisch.
College Contact:
Wie gefällt dir die Stadt Viña del Mar an sich denn so bisher?
Raissa:
Viña ist eine sehr schöne Stadt. Ich wohne ungefähr zehn Minuten vom Meer entfernt – nicht vom Strand, der Strand ist ein bisschen weiter weg, aber zehn Minuten von der Küste – und man hört hier die ganze Zeit die Möwen schreien. Das gibt einem so ein Urlaubsfeeling, das ist echt schön.
Viña ist viel größer, als ich es von zuhause gewohnt bin. Das hat auch eigentlich nur Vorteile, aber die Strecken sind halt teilweise größer, die man zurücklegen muss. Zur Uni kann ich laufen, da bin ich ungefähr eine halbe Stunde unterwegs. Aber manchmal muss man auch in Busse steigen und das ist hier nicht so einfach. Das öffentliche Verkehrsnetz ist zwar sehr gut ausgebaut, es gibt viele Micros, das sind kleine Busse, und auch Collectivos, das sind Taxis, die aber immer nur bestimmte Routen entlangfahren, aber gerade als Ausländer ist die Nutzung schwierig, weil man nie so genau weiß: Wann kommen die jetzt eigentlich an welcher Haltestelle an und wo fahren die eigentlich genau lang, was sind die genauen Routen? Es stehen immer so drei, vier Straßen in der Windschutzscheibe, in deren Richtung sie ungefähr fahren, aber gerade wenn man sich hier noch nicht so gut auskennt, ist es natürlich ein bisschen kompliziert, zu wissen, ob das jetzt der richtige Bus ist oder nicht.
Aber Viña del Mar ist auf jeden Fall eine sehr schöne Stadt, sehr touristisch, das merkt man auch. Es gibt zum Beispiel eine riesige Straße, wo nur Bars und Läden sind. Das ist dann wohl eher für die Touristen gedacht. Jetzt gerade sind aber nicht mehr so viele Touristen da, es ist ja nicht mehr die High Season.
"Ich bin total verliebt in Valparaíso..."
College Contact:
Du hast ja während der ersten Wochen in Viña del Mar auch schon ein paar Ausflüge gemacht. Da hast du bestimmt schon viel gesehen und erlebt. Was waren denn deine bisherigen Highlights?
Raissa:
Eines meiner Highlights war Valparaíso, das ist eine Stadt, die direkt neben Viña del Mar liegt, so ca. 15 Minuten mit dem Bus. Valparaíso ist eine total schöne, bunte Stadt mit ganz viel Graffiti und Gemälden an den Wänden überall.
Die Stadt ist sehr in die Berge reingebaut, das heißt, fast überall hat man Blick aufs Meer. Die Berge sind teilweise echt steil und es gibt kleine Aufzüge, die die Berge hoch und runter fahren und die Bergspitze mit dem flachen Tal verbinden. Es ist einfach eine total süße Stadt. Für mich persönlich fühlt sich Valparaíso mehr nach Chile an als Viña del Mar, weil Viña del Mar eher touristisch ist und auch viele Hochhäuser hat. Valparaíso ist irgendwie süßer und kommt einem auch fremder vor. Da merkt man direkt: Okay, jetzt bin ich auf jeden Fall nicht mehr in Deutschland. Es ist auf jeden Fall etwas ganz anderes da. Wie eine magische Stadt irgendwie. Ich bin total verliebt in Valparaíso, es ist echt toll.
Was noch echt cool war, war Concón. Das ist etwa 20 Minuten von Viña del Mar entfernt. Das sind Sanddünen, im Prinzip so eine kleine Miniwüste. Dort kann man sich Sandboards ausleihen und dann die Sanddünen runterboarden - was ich überhaupt nicht kann. Ich bin darin total schlecht und falle andauernd hin und am Ende des Tages habe ich überall Sand. Aber manche meiner Freunde können das echt super. Die steigen da auf das Brett drauf und boarden dann die ganze Düne nach unten. Das heißt natürlich auch, dass man die ganze Düne wieder hochlaufen muss, und das ist in dem ganzen Sand wirklich sehr anstrengend. Wir waren jetzt schon zweimal einen Tag lang dort. Man ist danach sehr müde, aber es macht super viel Spaß und die Aussicht ist auch toll, weil man die Küste entlang blicken kann. Ein sehr schöner Ort auf jeden Fall.
College Contact:
Das klingt echt toll! Und jetzt bald steht ja auch schon der erste größere Trip an. Wo geht’s da hin?
Raissa:
Der Trip führt mich nach Patagonien, also ganz in den Süden und zwar in den Nationalpark Torres del Paine. Der ist sehr bekannt und beliebt bei Touristen. Er ist von hier relativ weit weg. Ich glaube, wir sitzen so zwei, drei Stunden im Flugzeug. Wir hätten den Trip selbst organisieren können. Das wäre aber sehr viel Arbeit gewesen, weil man in diesem Nationalpark so drei, vier Nächte unterwegs ist und vorher schon die ganzen Unterkünfte buchen muss. Und wir hätten uns eigene Schlafsäcke, Isomatten und Zelte kaufen müssen. Ich und zehn meiner Freunde haben uns dann dazu entschieden, das Ganze mit einer Organisation zu machen. Die organisieren alles für uns, das heißt, um Essen und Zelte und so weiter müssen wir uns nicht kümmern. Wir sind dann für vier Tage dort und wandern den ganzen Tag durch die Gegend. Ich freue mich unglaublich darauf! Die Bilder sind total schön, die Landschaft ist magisch. Es gibt dort auch einen Gletscher. Ich habe in meinem Leben noch nie einen Gletscher gesehen, da freue ich mich schon echt drauf. Da unten ist es auch wirklich kalt. Ich werde auf jeden Fall meine Winterkleidung anziehen. Ich denke, das Schlafen im Zelt wird nicht so mega angenehm sein, aber ist halt Teil der Erfahrung und macht sie noch abenteuerlicher.
Dieser Ausflug ist relativ teuer und ich hätte ihn mir wahrscheinlich nicht geleistet, wenn ich das College Contact-Stipendium nicht bekommen hätte. Das ist etwas, das ich mir jetzt gönne, weil ich dieses zusätzliche Geld zur Verfügung habe. Ich freue mich auch echt darauf, denn es soll unglaublich schön sein. Viele Leute sagen, dass man das wirklich nicht verpassen soll.
College Contact:
Und gibt es noch andere Sachen in Chile, die dir jetzt durch das Stipendium ermöglicht werden, die du sonst vielleicht nicht gemacht hättest?
Raissa:
Bis jetzt habe ich noch nichts Genaueres geplant mit dem Geld. Der Trip nach Patagonien kostet 600 Euro. Es ist also noch ein bisschen was übrig, und ich finde bestimmt noch etwas, wo ich mir sage: „Das mache ich, das hätte ich sonst nicht gemacht.“
Es gibt hier einen Ort, der heißt Valle del Elqui. Das ist ein Tal, das hat einen der klarsten Himmel auf der ganzen Welt. Dort sind auch sehr viele astronomische Observatorien aufgebaut. Da kann man in Hotels schlafen, die so kleine Kugeln als Zimmer haben, und man schläft unter den Sternen, weil die Decke durchsichtig ist, aus Glas, vermute ich. Das stelle ich mir unglaublich schön vor. Es wäre schon sehr dekadent, das zu machen, aber vielleicht mache ich das noch, mal schauen.
College Contact:
Klingt wirklich aufregend. Kannst du abschließend noch ein kurzes Zwischenfazit über die bisherige Zeit in Chile ziehen?
Raissa:
Bisher ist einfach alles super toll!
Wenn ihr auch eine so großartige Zeit in Chile erleben und ein Auslandssemester an der Universidad de Viña del Mar absolvieren möchtet, könnt ihr euch jederzeit gern bei uns melden. Unsere Studienberaterinnen rund um Lateinamerika-Expertin Tatjana beantworten auch all eure Fragen und unterstützen euch bei der Bewerbung.