Studieren in Brasilien

Brasilien nimmt etwa die Hälfte des südamerikanischen Kontinents ein. So groß und weit das Land, so vielfältig sind seine Reize. Am bekanntesten ist Brasilien sicherlich für seine Traumstrände, den Regenwald und für den Karneval in Rio de Janeiro. Brasilien ist eine Fußballnation: Die Brasilianer verehren ihre Nationalmannschaft, die Seleção, mit fast religiöser Hingabe.

Während eines Studiums in Brasilien werdet ihr feststellen: Die Brasilianer sind sehr aufgeschlossen, gastfreundlich und lebensfroh. Ihr Temperament scheint den warmen Temperaturen im Land zu entsprechen. Leider ist die Schere zwischen Arm und Reich in Brasilien weit geöffnet: Das zeigt sich bei einem Blick auf Metropolen wie São Paolo oder Rio de Janeiro, in deren Randbezirken die Favelas genannten riesigen Elendsviertel liegen. Diese Armut steht in einem harten Kontrast zum Lebensstil der „oberen zehn Prozent“ der Brasilianer, auf die sich fast das gesamte Volkseinkommen vereint.

Die brasilianische Wirtschaft profitiert vom immensen Rohstoffreichtum des Landes: Dazu gehören Bodenschätze wie Erdöl, Erz, Edelsteine und Erdgas. Außerdem verfügt es über eine reiches Holzvorkommen. Im internationalen Vergleich boomt hier die Wirtschaft. Eine vergleichsweise geringe Rolle spielte bislang der Tourismussektor. Die Infrastruktur des Landes ist hier noch stark ausbaufähig. Die brasilianische Regierung ist jedoch bestrebt, in dieser Beziehung schnell nachzubessern: Immerhin war Brasilien 2014 Gastgeberland der Fußball-WM und wird 2016 die Olympischen Sommerspiele ausrichten.

Hochschullandschaft in Brasilien

Studieren in Brasilien - die perfekte Gelegenheit, um Rio de Janeiro samt Copacabana und Zuckerhut kennenzulernen!

In Brasilien existieren über 2.000 Einrichtungen im Hochschulbereich. Sie stehen unter staatlicher, städtischer oder privater Trägerschaft. Insgesamt gibt es etwa 150 Universidades (Universitäten).

Universidades

Jeder Bundesstaat verfügt über mindestens eine Bundesuniversität. Die öffentlichen Hochschulen finanziert komplett der Staat, so dass dort keine Studiengebühren anfallen. Dementsprechend groß ist auch der Andrang an Bewerbern. Und obwohl die öffentlichen Universitäten teilweise riesig sind, haben sie nicht genügend Studienplätze, um die Nachfrage zu decken. Aus diesem Grund muss sich jeder Bewerber einem strengen Aufnahmetest, dem sogenannten Vestibular, stellen.

Durch dieses Auswahlverfahren gelangen nur die besten Bewerber an die öffentlichen Hochschulen. Das dortige Studienniveau bewegt sich somit auf einem konstant hohen Niveau. Dementsprechend konzentriert sich die nationale Forschung vornehmlich auf diese Einrichtungen.

Private Hochschulen

Die privaten Hochschulen Brasiliens sind kleiner und konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Lehre. Die Zulassung regelt sich hauptsächlich über die Studiengebühren. Die Aufnahmetests sind in der Regel wesentlich einfacher als der staatliche Vestibular. Wer vorhat, an einer Privathochschule in Brasilien zu studieren, sollte sich im Vorhinein unbedingt darüber informieren, ob die Institution staatlich anerkannt ist und welchen Ruf sie genießt. Ein gutes Renommee haben beispielsweise die zahlreichen päpstlich-katholischen Universitäten (Pontifícias Universidades Católicas).

Qualitätssicherung im Hochschulwesen Brasiliens

Das Ministério da Educação (MEC) kontrolliert alle brasilianischen Bildungseinrichtungen. Es evaluiert jährlich alle Hochschulen durch die sogenannte Provão. Allerdings erstreckt sich diese Prüfung nur auf die Fähigkeiten der Studenten, nicht auf die Dozenten oder die Qualität der Hochschulausstattung. Insofern sind die Ergebnisse in Hinblick auf den Gesamtzustand einer Hochschule nur bedingt aussagekräftig.


Studiensystem in Brasilien

Das brasilianische Studienjahr teilt sich in zwei Semester auf. Anstatt einer großen Prüfung am Ende des Semesters, gibt es über das Semester verteilt mehrere Prüfungen. An den meisten Universitäten ist Halbtagsunterricht üblich, denn viele brasilianischen Studenten arbeiten zusätzlich. Massenvorlesungen wie in Deutschland gibt es in Brasilien trotz der Größe der Hochschulen kaum. Die kleinen Kurse ermöglichen einen guten Austausch mit den Dozenten und Kommilitonen.

Berechnet werden die Studienleistungen in Créditos, die dem European-Credit-System ähneln. Ende der 1970er Jahre hat die brasilianische Regierung ihr Studiensystem in seinen Grundzügen dem US-amerikanischen Studiensystem angeglichen. Das Studium gliedert sich seither in

  • Graduação (Graduate) und
  • Pós-graduação (Postgraduate).

Graduação

Im Graduate-Bereich können die Studenten in Brasilien je nach gewünschtem Fachbereich und Berufsfeld zwischen verschiedenen Abschlüssen wählen. Ein drei- bis sechsjähriges grundständiges Studium zum Bachalerado entspricht dem Bachelorabschluss. In fast allen Fachbereichen ist ein Bachalerado-Abschluss möglich.

Einem Lehramtsstudium entspricht die Licenciatura, für die drei bis vier Jahre einzuplanen sind. Damit erhalten die Absolventen die Lehrerlaubnis von der Grundschule bis zur Mittelstufe. Eine andere Studienoption ist ein zwei- bis dreijähriges Studium zum Tecnólogo. Dieses Kurzstudium ist sehr praxisorientiert und ist hauptsächlich in den technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen üblich. Der Bachalerado oder die Licenciatura ist eine Qualifikation für die nächste Studienstufe.

Pós-graduação

Das Studium im Postgraduate-Bereich führt zum akademischen Abschluss Mestrado, dem brasilianischen Äquivalent zum Master. Dieser Studienabschnitt dauert je nach gewähltem Studiengang ein bis zwei Jahre. Studenten haben die Wahl zwischen

  • einem kürzeren Latu-Sensu-Studium (auch Especialização genannt) oder
  • einem längeren Stricto-Sensu-Studium.

Beim Latu-Sensu sind die Studieninhalte fachspezifisch komprimiert. Das Strictu-Senso hingegen gestaltet sich forschungsintensiver. In beiden Fällen besteht die abschließende Prüfung aus einer schriftlichen Arbeit, die entsprechend mehr oder weniger forschungsorientiert ist.

Nach dem Stricto-Sensu-Studium ist es möglich, noch eine Promotion anzuschließen. In Brasilien ist dies ein intensives und verschultes Aufbaustudium. Den Titel Doutorado erhalten die Promovierenden in Brasilien nach mindestens vier akademischen Jahren. In dieser Zeit steht der Besuch zahlreicher Kurse und Vorlesungen und das Verfassen der Dissertation an. Wie in Deutschland auch, müssen die Doktoranden diese am Ende ihres Studiums verteidigen. Anschließend haben sie die Möglichkeit zu habilitieren. Der Titel Pós-Doutorado (Professor) befähigt dann zur Lehrtätigkeit an den Hochschulen.

Sehr beliebt sind in Brasilien die praxisorientierten Aufbaustudiengänge zum MBA, dem Mestrado em Adminstracao de Negócios. Sie richten sich an Interessierte mit erstem Hochschulabschluss und Berufserfahrungen und dauern in der Regel ein bis zwei Jahre. Vor allem die privaten Business Schools bieten solche Studiengänge an. Hier sollten die Bewerber auf Aspekte der Qualitätssicherung achten und das Renommee und die staatliche Anerkennung in die Wahl für das Studium in Brasilien miteinbeziehen.


Studieren in Brasilien: Voraussetzungen

Eine der Grundvoraussetzungen für die Annahme deutscher Bewerber zum Erststudium in Argeninien ist eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung wie das Abitur. Der Staatliche Ausbildungsrat (Conselho Estadual de Educação) ist für die Anerkennung zuständig. Den Antrag stellt die jeweilige brasilianische Hochschule.

Ausreichend ist das jedoch noch nicht: Denn auch für die ausländischen Bewerber ist das Ablegen des erwähnten Vestibulars obligatorisch. Diese Eignungsprüfung entspricht von seinen Anforderungen her in etwa dem deutschen Abitur. Allerdings ist sie aufgrund der landesspezifischen Inhalte für ausländische Bewerber weitaus schwieriger zu bestehen. Die jeweils gestellten Fragen hängen von der Fachrichtung ab, für die sich die Prüflinge bewerben.

In der Regel findet der Vestibular im Dezember oder Januar statt. Brasilianische Studienbewerber bereiten sich teilweise ein ganzes Jahr darauf vor. Internationale Bewerber sollten sehr gut Portugiesisch beherrschen und sich intensiv mit der brasilianischen Landeskunde auseinandersetzen. Nur so haben sie reelle Chancen, einen Studienplatz in Brasilien zu ergattern.

Ein Nachweis über ausreichende Kenntnisse des Portugiesischen ist das CELPE-Bras-Zertifikat. Manche brasilianischen Hochschulen bieten für den Vestibular und das darauffolgende Studium spezielle Vorbereitungs- und Sprachkurse an. Teilweise ist es zwar möglich, dass Ausländer in den Klausuren auf Englisch antworten, die Fragen sind jedoch stets auf Portugiesisch. Und in der Regel findet der Unterricht ebenfalls auf Portugiesisch statt.

Einfacher ist es, für ein oder zwei Auslandssemester nach Brasilien zu gehen. Denn wer bereits an einer deutschen Hochschule studiert, braucht das Vestibular nicht abzulegen. Nach der offiziellen Anerkennung der bisher erbrachten Studienleistungen, können sich die Studierenden direkt bei der entsprechenden Hochschule bewerben. Unabhängig davon, ob sie sich im Graduate- oder Postgraduate-Studium oder in einer Promotion befinden.

Ein solches Auslandsjahr oder -semester heißt matérias isoladas. Dabei können die Studenten frei Kurse und Vorlesungen unterschiedlicher Fächer und Jahrgänge miteinander kombinieren. Am Ende des Semesters erhalten die Studierenden ein Zertifikat über die einzelnen Studienfächer. Doch auch hier sind fortgeschrittene Kenntnisse des Portugiesischen nötig, da es üblicherweise keine Kurse auf Englisch gibt.


Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten

Brasiliens öffentliche Hochschulen erheben keine Studiengebühren. Vielmehr gibt es an ihnen eine Art Verwaltungsgebühr, die sich auf umgerechnet etwa hundert Euro pro Semester beläuft. Anders verhält es sich bei den privaten Bildungsinstitutionen. Sie verlangen Studiengebühren: Diese orientieren sich meist an der Fächerwahl. Die Kosten belaufen sich auf umgerechnet etwa dreihundert Euro pro Fach.

Die Lebenshaltungskosten in Brasilien sind niedriger als in Deutschland. Doch das hängt natürlich auch vom Lebensstil ab. Wer auf bestimmte Güter und Standards nicht verzichten möchte, der braucht am Ende genauso viel Geld wie in Deutschland. In Metropolen wie São Paolo oder Rio de Janeiro sind die monatlich anfallenden Ausgaben selbstverständlich höher als in den kleineren Städten.

Studentenwohnheime sind in Brasilien eher selten und die Plätze dementsprechend meistens vergeben. Häufig sind die Zimmer für sozial bedürftige Einheimische reserviert. Brasilianische Studenten wohnen nicht selten in komplett von Kommilitonen angemieteten Häusern. Ein Zimmer in einer solchen Republica kostet umgerechnet etwa EUR 100 im Monat. Ausländische Studenten finden hier in der Regel gut einen Platz.

Empfehlenswert ist die Unterkunft bei einer Gastfamilie. So kommt ihr in den Genuss brasilianischer Gastfreundschaft und zahlt nur etwa hundert bis dreihundert Euro im Monat. Wer eine eigene Wohnung mieten möchte, sollte dafür etwa dreihundert bis vierhundert Euro im Monat einkalkulieren. Über die Assessoria de Relações Internacionais (Akademischen Auslandsämter) haben Ausländer die Möglichkeit, Kontakt zu Vermietern und Gastfamilien herzustellen. Eines gilt es allerdings bei Suche nach einer Unterkunft zu bedenken: Die Viertel mit den günstigsten Wohnangeboten sind in der Regel leider auch die unsichersten.

Deutsche Studenten dürfen in Brasilien jobben, wenn sie erfolgreich eine Arbeitserlaubnis beantragt haben. Allerdings ist das Lohnniveau im Land ziemlich gering. Eine andere Möglichkeit sind verschiedene in- und ausländische Stipendienprogramme. Der DAAD sowie andere öffentliche und private Stiftungen haben verschiedene Angebote, die sich an besonders bedürftige beziehungsweise begabte Studenten richten.

Eine gute Möglichkeit stellt auch das Auslands-BAföG dar. Ein Antrag lohnt sich zum Teil auch für diejenigen, die in Deutschland keinen Anspruch auf BAföG haben, da die Bemessungsgrenzen beim Auslands-BAföG höher liegen. Auch mit einem niedrig verzinsten Studienkredit lässt sich das Studium in Brasilien finanzieren.


Visum und Einreise in Brasilien

Für die Einreise nach Brasilien benötigen deutsche Studierende einen noch mindestens sechs Monate gültigen Reisepass. Nach der Ankunft stellt euch die örtliche Polizeistelle (Policia Federal) die vorläufige carteira de estrangeiro aus. Dauert euer Aufenthalt länger als 90 Tage, dann müsst ihr ein Studentenvisum beantragen. Dafür braucht ihr

  • eine Immatrikulationsbescheinigung der brasilianischen Hochschule
  • ein aktuelles polizeiliches Führungszeugnis
  • mehrere Passfotos
  • einen Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel für die Aufenthaltsdauer.

Das Studentenvisum ein Jahr gültig.

Es ist unbedingt zu empfehlen, noch in Deutschland eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Auch solltet ihr vor dem Aufenthalt eure Impfungen auffrischen und dabei den Schutz vor Tropenkrankheiten nicht vergessen. Wichtig: Bei notwendigen Krankenhausaufenthalten müsst ihr eine Art Vorkasse leisten. Ohne diese kommt es nicht zur ärztlichen Behandlung.